„Das alles Entscheidende ist, man spielt mit seinen Freunden zusammen…“

Morgen ist es so weit, eine Ära geht zu Ende. Nach vielen langen Jahren als feste Größen in der ersten Mannschaft, verabschieden sich Carsten „Cari“ Ritterrath (18 Jahre "Erste"), Sebastian „Sebi“ Heinz (14 Jahre "Erste") und Christian „Morgi“ Morgenschweis-Schäfer (10 Jahre "Erste") mit einem Abschiedsspiel aus der ersten Mannschaft.

…dabei fand man relativ spät in der „Ersten“ zueinander. Morgi nahm eine kleine Auszeit von unserer SG und im zweiten Jahr seiner A-Jugend-Zeit zum TuS Mayen wechselte und Rheinland-Pokalsieger und -Meister wurde. Anschließend ging es dann über die SG Burgbrohl (Rheinland-Liga unter Dieter Nowak) und die FSG Bengen (A-Klasse unter Dieter Dismon, dann Bezirksliga), bevor er im Jahr 2013 wieder zu der SG stieß.

Cari und Sebi blieben dem Verein über ihre komplette Zeit treu, wobei auch ihre Laufbahnen „anders“ verliefen. So spielte Sebi Heinz in den Jugend-Mannschaften immer in der jeweiligen „Zweiten“ bevor ihn Uwe Deckenbrock dann in die erste Mannschaft berief, in der er sich sehr schnell etablierte. Übrigens führte Deckenbrock auch als erster Trainer die Viererkette mit 3 (!!!) Spielern ein, wobei der mittlere Spieler sich zurückfallen lassen sollte. Das Thema Libero war ab diesem Zeitpunkt dann auch in Westum endgültig Vergangenheit😊.

Vor einer Woche traf man sich im ehemaligen Sinziger Bierhaus um bei dem ein oder anderen Weizenbier und Pizza die Karrieren noch einmal Revue passieren zu lassen. Dabei sollten in erster Linie die den so geliebten Vereinssport besonders machenden Anekdoten im Vordergrund stehen, die dann nach kurzer Anlaufzeit „wasserfall-ähnlich“ zum Besten gegeben wurden.
So erinnerte man sich gemeinsam an viele Erlebnisse aus vergangenen Tagen wie z.B. an ein Spiel in Kruft mit ganz besonderen Qualitäten. Hierbei spielten Mario Gemein als Libero, in der Verteidigung u.a. Pat Steffes und Jürgen Deutsch, Prangenberg und Cari auf der 6. Da war Geschwindigkeit auf dem Platz, das mit einem Mofa verglichen wurde, dass kein Sprit hatte. Respekt!

Aber auch ganz besondere Erlebnisse nach dem Spiel kamen zu keinem Zeitpunkt zu kurz, um an eine Trainer-Tochter zu erinnern, die glühender Fan unserer Jungs war und diesen sogar bis in die Dusche folgte. Als dies zur unangenehmen Gewohnheit wurde, hat sich dann ein ganz besonderer Spieler verantwortungsbewusst gezeigt und sie mit dem sogenannten „Ring of Fire“ aus der Dusche komplementiert, die sie dann auch fluchtartig verließ. Das erwies sich als nachhaltige Aktion, jedenfalls wurde sie anschließend nie wieder (zumindest in der Dusche) gesehen😂.

Jungs, woran liegt es aus Eurer Sicht, dass eine SG aus zwei kleinen Dorf-Vereinen eigentlich immer in der A-Klasse und jetzt sogar den Sprung in die Bezirksliga geschafft hat?
Es ist schwer, einen einzigen Grund hierfür zu benennen, aber der Verein entwickelt sich entgegen der allgemeinen Entwicklung im Fußball, wo Spieler und Vereine kurzweilig und immer mit monetären Hintergrund den maximalen Erfolg suchen.
Von der Größe der Dörfer müsste man eigentlich in der Kreisklasse B spielen. Sehr gute und akribische Vereinsarbeit im Jugendbereich beginnend, kommen in einem fussball-verrückten Dorf gut an, was man ja Wochenende für Wochenende an den vielen Zuschauern sehen kann, was uns auch immer besonders motiviert hat. Spielt man in Westum Fussball, wird man auch wahrgenommen.
Enormer Zusammenhalt und wenn man einige Jahre aktiv dabei ist, auch echte Freunde gewinnt. Das ist alles andere als selbstverständlich, selbst in einem Dorf nicht.
Aber auch bereits der Werdegang über eine gemeinsame Schulzeit, den Junggesellenverein, woraus sich ein verschworener Haufen gebildet hat, dehnt sich in den Seniorenmannschaften aus, weil dort auch Menschen ihren Platz gefunden haben, die einige Jahre älter oder jünger sind. Wenn man nicht die gemeinsame Mannschaft hätte, würde man mit Jüngeren oder Älteren kaum Berührungspunkte haben. Es funktioniert und auch wenn es mal nicht klappt, werden die Punkte offen angesprochen. Letztlich aber wissen alle, worum es geht. Kommst Du bei uns in die Kabine, dann weißt Du "Da kann jeder mit jedem!“. Zeigst Du, dass Du Bock hast, bist Du ganz schnell drin. Wie soll man es zusammenfassend besser erklären, als das es einfach geil ist, für diesen Verein zu spielen. Das alles Entscheidende ist, man spielt mit seinen Freunden zusammen !!!

Sicher habt Ihr in anderen Vereinen auch Negativ-Beispiele erlebt, richtig?
Absolut, so ein Beispiel ist z.B. Gönnersdorf/Waldorf, wo eine Trennung stattfand, nachdem man sich in einem laufenden längeren Prozess nachher einander nicht mehr kannte. Zieht man es ähnlich bei uns auf, wird man ganz schnell keine 200 Zuschauer mehr haben. Identifikation ist das Stichwort, die bei uns als einzigartig oder selten bewertet werden kann. Es gibt andere Beispiele von Vereinen, bei denen ein gemeinsamer halbstündiger Pflicht-Besuch in einer Dorfkneipe zum Gefühl "man muss" führte. Das funktionierte nicht. Bei uns trifft man sich außerhalb des Platzes, weil "man es will".

Wer waren die Gegner, gegen die man am Liebsten gespielt hat?
Derbys wie gegen Remagen (offene Schlagabtäusche mit z.T. knappen Ergebnissen bis zu 1.000 Zuschauern), Elztal, weil es dort immer zur Sache ging. Auf der Alm hatte es immer gekracht, die hatten Ultras als Fans, die für eine ganz besondere Atmosphäre sorgten. Oder auch Kottenheim zu Hartplatzzeiten, gegen die Horeb-Jungs aus Eich, Herresbach, Löf, Adenau, Miesenheim (zu Hause) mit seiner Ultra-Gruppe "Inferno Miesenheim", wo in Löhndorf aus dieser Richtung leere Stubbi-Flaschen aufs Feld flogen. Dieser Enthusiasmus der besagten Fans verabschiedete sich, wenn bestimmte Personengruppe ein „gewisses“ Alter erreicht hatten und das ist bei uns nicht so.

Gegen wen habt Ihr ungern gekickt?
Miesenheim (besonders auswärts), Türkiyemspor Remagen, Oberwinter, Grafschaft.

Gibt es ganz besondere Spiele, an die man sich erinnert?
- Verlorenes Spiel in der Jugend unter Artur Jarek. Wir wurden total verpfiffen, waren klar besser, nur einer hatte halt etwas gegen unseren Erfolg. Jarek regte sich permanent übe die ganze Spielzeit auf und sagte nach dem Schlusspfiff: "Schiri, Scheisse pfeiffen ist okay, aber Du übertreibst!"
- Ich erinnere mich an ein Auswärts-Spiel in Remagen bei folgender Ausgangslage: Gewinnt Remagen, steigen sie auf. Wir haben 0:2 hinten gelegen. Unsere Personal-Situation war alles andere als wettkampffähig. Marco Herges war verletzt, machte sich warm, es funktionierte aber nicht. Mario Gemein ersetzt ihn, der eigentlich im Mittelfeld spielen sollte. Mario musste nach 40 Minuten verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Zwei beste Freunde bekamen sich in der Halbzeit Kabine in die Haare. Zu allem Überfluss sagte der Präsident von Remagen, dass der Sekt schon kalt steht. Danach raus und alles investiert. 2:2 dann zwei gelb/rote Karte (Markus Ritterrath und Flo Klapperich) mit 9 Mann weiter. Wir machen das 3:2, selbst Pat Schüller im Tor musste 88. Minute ausgewechselt werden, unfassbar viele Westum-Fans dabei ... Zitat Daniel Decker nach seinem 2:2-Ausgleich "Als ich abdrehte, kam ich mir vor, als wäre ich im Stadion" … eine Wahnsinns-Stimmung bei einem Wahnsinns-Erlebnis.
-In Reifferscheid auf dem Hartplatz…wir standen in der Tabelle 8 oder 9 Punkte hinter Adenau und gewinnen dort 3:2, wir jubeln wie die Verrückten und deren Verantwortlichen meinten "Idioten, warum jubelt Ihr?“. Am Ende der Saison standen wir in der Tabelle vor Adenau … als hätten wir es vor Wochen bereits gewusst, Smiley.
- DAS Derby aber war gegen Rhein-Ahr-Sinzig, wo man u.a. vor 400 Zuschauern spielte. Christian Harst‘s Freistoß-Granate zum 1:0-Sieg leitete einen unvergessenen Abend an. Der ein oder andere Spieler schlief beim Herges auf der Bank ein, Szenen unvergleichbar von der Emotion her. Bei anderen Sinziger Derby´s ging es anschließend ins Jaxx. Gewannen wir, waren die Sinziger ruhig … leider gab es auch umgekehrte Spielausgänge, wo wir dann ruhig waren.
-Nicht zu vergessen, das 3:0 daheim gegen Remagen in der Aufstiegssaison in die Bezirksliga 14/15. Aber auch die vielen, z.T. knappen Erfolge in der zweiten BL-Aufstiegssaion, in der uns eigentlich alle, insbesondere aber Ettringen in die Suppe spucken wollte.
-In negativen Sinne erinnert man sich an das Halbfinale im Kreispokal in Elztal (Saison 13/14). Zwei Busse waren organisiert, vollgepackt mit Fans, Trommeln und anderen „Stimmungsmachern“. Das Spiel war eigentlich durch. Wir führten 3:1, verschossen bei dem Stand einen Elfmeter. Anschließend verletzten sich Merlin und Sebi schwer, das Drama nahm seinen Lauf. Ein Riesen-Torwartfehler führte zum entscheidenden Gegentreffer zum 3:4-Endstand. Es war unfassbar bitter und noch viel schlimmer als im Finale gegen Adenau (Saison 16/17), als uns die Kraft in der Verlängerung verließ.

Welche Anekdote blieb Euch außerhalb des Platzes in besonderer Erinnerung?
Es gab da ein Testspiel im Agger-Stadion in Troisdorf, dass am Folgetag einer Mannschafts-Party angesetzt war. Dementsprechend gehandicapt ging man auch ins Rennen. Zum Glück aber gab es reichlich Spieler-Material und so konnten sich einige Spieler in der zweiten Halbzeit ausruhen. So saßen wir auf einem Bierbänkchen mit Ausnahme Morgi, der sich neben uns auf den Boden setzte. Irgendwann während der zweiten Halbzeit hat sich Morgi in die Horizontale begeben und ist neben dem Platz auf dem Boden liegend eingeschlafen. Nach der Heimfahrt kam dann die „autoritäre“ Ansprache vom "autoritären" damaligen Trainer: "Morgi, das geht so nicht. Das muss Konsequenzen haben!!!" … wir dachten an eine Suspendierung oder Versetzung in die zweite Mannschaft. Stattdessen sagte er: "Bist Du mit 20 Euro zufrieden?" Morgi nahm die Strafe männermäßig entgegen, zahlte die Summe und war damit rechtmäßig vereinsintern "vorbestraft".

Handgreifliche Auseinandersetzungen gab es intern eigentlich nie. Aber auswärts … gab es nicht sogar einmal einen Polizei-Einsatz?
Oh ja. Wir wurden bei einem Auswärtsspiel in Oberzissen im Vorfeld darüber informiert, dass wir uns aufgrund einer Belegung durch ein Jugend-Zeltlager mit externen Vereinen zwar ein „Umziehen“ erlaubt, ein „Duschen“ allerdings untersagt. Wir haben dann gespielt. Die Absprache war bereits vorher: Ungeduscht nach Westum zum Duschen. Nach dem Spiel blieben n der Kabine noch 5 Mann übrig und der Trainer zog sich aus mit der Aussage aus "Ich dusche jetzt hier". Im Moment als das letzte Kleidungsstück fiel, betrat der Vorsitzender von Oberzissen die Kabine und ermahnte: "Ihr könnt hier nicht duschen". Unser Trainer sah das anders und bekräftigte sein Vorhaben. Der Vorsitzende beharrte darauf und versuchte ihn handgreiflich an seinem Vorhaben zu hindern. Wir gingen dazwischen, der Trainer duschen und der Vorsitzende wutentbrannt aus der Kabine. Wir taten es nach der erfolgreichen Dusche des Trainers nach und siehe da, es steht ein Streifenwagen auf dem Vereinsgelände. Der Vorsitzender hat tatsächlich die Polizei gerufen, woraufhin wir viel Spaß beim Verhör wünschten. Die Beamten hörten sich das begangene "Verbrechen" kurz an, 3 Minuten später sind sie dann auch unverrichteter Dinge wieder gefahren. Der Vorsitzende rief später Erwin Ritterrath an und bedankte sich bei ihm, weil u.a. sein Sohn dazwischen gegangen ist. Mit der Aktion wollte er zurückrudern, hatte sich dabei schon längst als Peinlichkeit in Person dieser Aktion geoutet.

Interne Auseinandersetzungen aber gab es dann intern doch in einem Falle. Einer unserer Trainer hielt in der Kabine eine Motivationsansprache. Am Ende seines letzten Satzes, wo er das Team nochmal aufforderte, richtig Gas zu geben, ging er mit "gutem" Beispiel voran, holte er aus und gab unserem Sebi eine Watschen. Sebi saß halt ungünstig und war zum falschen Zeitpunkt am falschen Fleck der Kabine. Keiner lachte, der Motivationsschub kam aus dem Nichts. Später aber lachten ALLE drüber.

Ich komme abschließend nochmal auf die Frage, wo Eures Erachtens nach das Erfolgsrezept liegt?
Es ist halt so. Wenn Du Mist auf dem Sportplatz gemacht, indem Du z.B. ein Gegen-Tor verantwortet hast, dann bist Du für Dich schonmal erst nicht happy. Dann aber kommt der Gang in die Kabine und niemand nimmt einem das krumm. Trotz dass man den Sport lebt, wird niemand bei Fehlern zerrissen. Über entgangene Prämien muss man sich bei uns halt nicht streiten.
Thema Mannschafts-Touren: Diese macht jeder Verein. Aber: Das wie-vor-Ort gestalten ohne feste Regeln, wann wer was tut macht den Unterschied aus. Die Leute bleiben ohnehin zusammen und das sagt doch Alles aus. Man ist auf und neben dem Platz zusammen und das ist es, was auch die fußballerische Qualität im hohen Maß kompensiert und uns erfolgreich macht.

Das waren unfassbar schöne Geschichten und Erlebnisschilderungen. Nun geht eine lange Zeit in der ersten Mannschaft zu Ende und ihr wechselt -wie soll es auch anders sein- in die fußballerisch sehr starke zweite Mannschaft. Auf was freut Ihr Euch besonders?
⚽ Wir freuen uns auf tolle Gespräche und Erlebnisse, insbesondere mit den Alteingesessenen wie Kevin Wagner, Torsten Hüppen, Martin Münch, Toni Thünker und viele mehr.
⚽ Aber auch das Wiedersehen mit Elmar Schäfer, mit dem wir eine sehr erfolgreiche aber vor allem auch menschlich unfassbar tolle Zeit hatten. Elmar und wir sind Freunde auch über den Fußball hinaus.
⚽ Natürlich aber auch insbesondere über die Tatsache, die Fußballschuhe nicht endgültig an den Nagel zu hängen !!!!!

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Fotos - Legendenspiel

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