Quelle: Rhein-Zeitung vom 03.05.2022, Nr. 102, Seite 13, Stefan Kieffer
Koblenz. Mit einer Reform der Spielklassen, der ersten seit 2003, will der Fußballverband Rheinland (FVR) dem Abwärtstrend bei den Mannschaftszahlen entgegenwirken und für mehr Berechenbarkeit, Gerechtigkeit und Abwechslung im Ligenbetrieb sorgen. Bei der virtuellen Regionalkonferenz für die Klubs des Bereichs Mitte wurde wie schon zuvor im Bereich West deutlich, dass die Vereine die Reformvorhaben des Verbands mehrheitlich unterstützen.
Die Zahl der Fußballmannschaften im Spielbetrieb ist seit 2010 (nicht nur) im Rheinland bei Senioren, Frauen und Jugendlichen kontinuierlich gesunken, von 3609 auf 2624. Seit 2019 befasst sich die Kommission Verbandsentwicklung unter Leitung von Professor Lutz Thieme mit den geplanten Reformen. Vorbild ist der
Fußballverband Schleswig-Holstein, der von seinen Strukturen und Problemen mit dem Rheinland vergleichbar ist und einen verblüffend einfachen Lösungsweg gefunden hat.
Im hohen Norden werden die Spielklassen nicht mehr entsprechend den Kreisgrenzen zusammengestellt. Stattdessen berechnet eine Software, die im Rheinland bereits angeschafft wurde und sich in diversen Testläufen bewährt hat, nach ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten, welche Klasseneinteilung die beste ist. Ab der übernächsten Saison 2023/24 sollen die Neuerungen greifen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum eine sparen zahlreiche Vereine Fahrtkosten, zum anderen kommt es gerade in den Grenzgebieten der Kreise zu Derbys zwischen benachbarten Klubs, die es in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht mehr gab. Zudem bescheren die neuen Zuteilungen den Vereinen schon vor Saisonbeginn Gewissheit über die Zahl der Auf- und Absteiger, das bange Schielen auf die Lage in höheren Klassen bis weit nach Saisonende soll der Vergangenheit angehören.
„Derzeit haben wir nicht weniger als 38 verschiedene Auf- und Abstiegsregelungen im Rheinland“, gab FVR Mitarbeiter Jürgen Hörter zu bedenken.
FVR-Vizepäsident Udo Blaeser stellte die Pläne in der Videokonferenz, an der rund 50 Vereine teilnahmen, vor und betonte einen weiteren Pluspunkt der geplanten Neuaufstellung: Künftig soll aus allen Spielklassen der Meister definitiv aufsteigen dürfen, die jeweiligen Zweitplatzierten sollen über Qualifikationsrunden ebenfalls die Chance auf den Sprung in die nächsthöhere Klasse bekommen. „Relegationsspiele sind doch das Salz in der Suppe“, findet Blaeser.
Die Vereinsvertreter, die von Beginn an in die Arbeit der Kommission eingebunden waren, sind offenbar der gleichen Meinung. Mit deutlicher Mehrheit stimmten sie grundsätzlich für die Reform, differenzierter waren die Ansichten über die Details.
Den Vorschlag, die Zahl der A-Klassen von neun auf sechs zu reduzieren, lehnten sie mehrheitlich ab – immerhin würde dabei ein Drittel der bisherigen A-Ligisten eine Klasse tiefer eingestuft – bei den Klassengrößen fanden die Vorschläge, die A-Klassen mit 14, Bund C-Klassen mit jeweils 12 Vereinen spielen zu lassen, den meisten Zuspruch. Die Verkleinerung der Spielklassen kommt nach den Erkenntnissen der Verbandsplaner zahlreichen aktiven Fußballern entgegen, die sich mehr freie Wochenenden im Verlauf einer Saison wünschen.
Nun steht am kommenden Wochenende noch die Regionalkonferenz Ost an, endgültig entschieden wird über die Ausgestaltung der Spielklassenreform beim Verbandstag am 2. Juli in Trier, wenn der bisherige Vizepräsident Gregor Eibes als Nachfolger von Walter Desch die Führung des Verbands übernehmen soll. Udo Blaeser: „Wenn wir wissen, was die Vereine wollen, geht für uns die Arbeit erst richtig los.“